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 Nach der Reise in die Vergangenheit  von Jahrmillionen in
      der Sonderausstellung „Jurassic Harz“ unternahm  die Exkursionsgruppe
      des Fördervereins zum Abschluss des 1. Exkursionstages   im
      Rahmen einer Nachwächterführung eine Reise in die Vergangenheit einiger
      Jahrhunderte bzw.  in die Gegenwart  durch eine Begehung 
      einiger Passagen  der Braunschweiger Altstadt.
        
      In traditioneller Kleidung begrüßte Thomas Ostwald die Exkursionsgruppe
      als „Nachtwächter Rudolf“ und setzte  in der Kuhstraße
      mit seiner interessanten, unterhaltsamen und lehrreichen  Führung
      ein. 
Der Altstadtring des  mittelalterlichen Braunschweigs
      führte insbesondere unter dem Sachsen- und Bayernkönig Heinrich dem Löwen
      die Weichbilder  Alte Wiek, Hagen, Neustadt, Altstadt und in der
      Mitte Sack zusammen.   Alle mit Ausnahme von Sack hatten eine
      eigene Pfarrkirche für die Bürger. Sack hatte den Dom, aber den
      beanspruchte  Heinrich der Löwe für sich und seinen Adel. Die Bürger
      von Sack mussten in die Kirche im  Stadtteil Altstadt
      ausweichen.  Das nennt man Sicherung des Löwenanteils.  Der
      Welfe Heinrich der Löwe besaß  als Herzog von Sachsen ein riesiges
      Herzogtum mit den Teilen Westfalen, Engern und Ostfalen.  Und er war
      Herzog von Bayern.  Zum Abschluss seiner Regentschaft blieb ihm 
      nur das Herzogtum Braunschweig/ Lüneburg. Die  Herzöge von
      Braunschweig waren bei den Bürgern bis zum 18. Jahrhundert nie so ganz gut
      angesehen, vielleicht hat das  seinen Ursprung schon bei Heinrich dem
      Löwen gehabt. Irgendwann sind die Herzöge nach Wolfenbüttel ausgewichen,
      hatten genug von den stolzen Bürgern der  Hansestadt Braunschweig.
      1671 kam Herzog Rudolf August mit Waffengewalt zurück und zog wieder ins
      Braunschweiger Schloss ein. Später hatten die Herzöge und ihre Bürger ein
      besseres gegenseitiges Verständnis. 
      Das Gebiet um Braunschweig war schon früh besiedelt. Archäologisch ist die
      Stadt grundsätzlich  bereits  im 9. Jahrhundert n. Chr.
      entstanden, aber ohne Papiere geht gar nichts:  Urkundlich ist
      Braunschweig  erst ab 1031 im Zuge der Weihe der Magni-Kirche belegt,
      in der Urkunde als Brunesgui. Entsprechend ist 1031 das Gründungsdatum der
      Stadt.   
      Der  Name Braunschweig leitet sich wahrscheinlich aus Brunswiek
      ab.  Ein „gerodeter  Handelsplatz“  neben Dankwarderode auf
      der anderen Seite der Oker. Heinrich der Löwe ließ die Oker durch
      künstliche Gräben um die Stadt fließen und eine Stadtmauer errichten.
      Erweitert wurde die Stadtmauer von Otto, dem Sohn Heinrichs des Löwen.
      Otto war der einzige Welfen-Kaiser des Heiligen Römischen Reiches
      Deutscher Nation. Von der Stadtmauer ist heute nichts mehr zu sehen, aber
      die Stadtgräben verleihen der Stadt einen großartigen Grüngürtel und einen
      hohen Freizeitwert. Die Oker selbst ist im Stadtgebiet in einen
      unterirdischen Kanal gezwängt.  Thomas Ostwald hofft, dass dieser
      unterirdische Kanal demnächst durch die Öffentlichkeit begehbar gestaltet
      wird.
        
      
    
Am Klint erreichte die Fußtruppe den mit 72 m höchsten Punkt der Altstadt. Die Braunschweiger Altstadt wurde in einem Bombenangriff am 14. und 15. Oktober 1944 zu 80 % zerstört. Hier sieht man noch historische Fachwerkhäuser. Mit dem besonderen Reiz, dass sie den stolzen Bürgerwillen zeigen: Die Häuser stehen mit der breiten Seite nach vorne. Die Herzöge sollten erkennen, wie einflussreich die Hansestädter waren.
 
Etwas weiter in der Schlossstraße das älteste inschriftlich datierte Fachwerkhaus Deutschlands Am Ackerhof, 1432 errichtet. Das Haus ist heute in einem etwas bedauerlichen Zustand, aber Schrifttafeln zeigen, dass die Absicht besteht, es wieder erstrahlen zu lassen. Wenn die Finanzierung steht. Hier muss wohl wieder eine Stiftung den entscheidenden Anstoß geben.
Auf der anderen Straßenseite des Ackerhofes war genügend Geld da. Für ein Hundertwasserhaus, das aber kein Hundertwasserhaus ist, es sieht nur so ähnlich aus. Entworfen vom Künstler James Ritzi, umgesetzt vom Architekten Konrad Kloster. Das „Happy Ritzi Haus“ ist vertraglich festgelegt das einzige Haus, das von Ritzi so entworfen werden durfte. Es wurde jahrelang als Bürogebäude insbesondere für neue Firmengründer genutzt, heute nutzt es Friedrich Georg Knapp, Chef der Bekleidungskette New Yorker.
   
 
      
Die Magnikirche war
      als Keimzelle der Stadtgründung schon erwähnt.  Zu Zeiten Luthers war
      sie eine Keimzelle  der Reformation. Im Zuge des Wiederaufbaus der
      Stadt nach 1945 war sie Keimzelle des Widerstandes gegen verrückte
      Stadtplaner und heute sie eine offene Kirche für Quartier und Stadt. 
      Die Magnikirche hat einen Bombenangriff im April 1944 nicht standgehalten,
      nur noch Turm  und Säulen des Langhauses stnden. 1946 hatten
      Stadtplaner die Absicht, eine große Straße direkt  an der Kirche
      vorbei zu führen und auch den Platz und die Fachwerkhäuser zu
      opfern.  Durchgesetzt hat sich dann aber die Fakultät der
      Fachwerkhäuser- Bewahrer. Alles was an Fachwerk noch da war, blieb
      erhalten. Die im Inneren modern wiederaufgebaute Kirche hat diesen Planern
      ein Denkmal durch eine fensterlose  Südseite gesetzt.  Errichtet
      wurde die Kirche aus zwei verschiedenen Sandsteinen.   Der etwas
      weiche und rötliche Stein wurde im Nußberg gewonnen (etwa  5 km von
      Braunschweig entfernt, heute Geopunkt Nußberg, Ostfalen),  der andere
      Stein, ein heller und  fossilreicher Kalkstein der mittleren Trias
      (Muschelkalk)Stein aus dem Höhenzug  Elm, etwa 30 km von Braunschweig
      entfernt.
    
    
Nördlich der Magnikirche stehen interessante Fachwerkhäuser. Ein Haus besteht aus Elementen der Gotik und der Renaissance mit einem eingesetzten Spruchbalken. Ein Ergebnis der Auseinandersetzungen der Bürger mit Adel und Klerus. Daneben ein Haus mit einer sehr schiefenersten Etage. Das kommt, wenn man kein abgelagertes Holz als Baustoff einsetzt.
Etwas weiter die Herrendorf Twete. Twete ist ein Begriff aus dem Ostfälischen für eine kleine Gasse. Davon gab es in Braunschweig vor dem Bombenangriff viele, die Herrendorf Twete ist als einzige verblieben.
    
Über die Oker geht es danach zum Schloss. Leider bemerkt man den Übertritt über den unteririsch kanalisierten Fluss nicht. Das Residenzschloss wurde 1717 von Hermann Korb errichtet, richtig fertig war es aber erst 1791. Am 7. September 1830 kam es zu einer Revolution in Braunschweig. Bürger rebellierten gegen Herzog Karl II., den sie „Diamantenherzog“ nannten. Im Zuge dieser Revolution brannte das Schloss ab. Der zweite Bau stand ab 1841. Dieser wurde durch die Luftangriffe stark beschädigt und 1960 abgerissen. Die Vorderfront und ein Seitengebäude für Stadtarchiv und Bibliothek wurden vor 10 Jahren neu aufgebaut, als Kompromiss zwischen der Stadt und dem ECE-Projektmanagement, die hier das Einkaufszentrum „Schloss-Arkaden“ errichtet hat und die Schloss-Komponenten zu Lasten ECE gebaut hat. Ca. 600 Originalteile konnten verwendet werden, neue Steine sind aus dem Reinhardtsdorfer Sandstein aus Sachsen und aus dem Hohenzollernpark-Sandstein aus Polen. Weitere Originalteile konnten nicht verwendet werden, sie sind aber weiterhin zwischengelagert. Für das Archiv und die Bibliothek zahlt die Stadt Miete. Die Stadtbibliothek hat sich zwischenzeitlich mit ihrem digitalen Schwerpunkt zu einer begehrten Bibliothek entwickelt und stellt eine starke Ergänzung zu der weltberühmten Anna-Amalia-Bibliothek in Wolfenbüttel dar.
Die größte Quadriga Europas hat eine verrückte Geschichte aufzuweisen. 1855 haben Braunschweiger Bürger sie dem beliebten Regenten Wilhelm anlässlich dessen 25-jährigen Thronjubiläums geschenkt. Den Krieg hat die Quadriga fast unversehrt überstanden, aber nicht die Buntmetalldiebe. Eine Stiftung hat die Quadriga im Rahmen der Errichtung der Schloss-Arkaden mit einem in Dresden noch vorhandenen Originalmodell neu gießen lassen.
Der Giebel stellt Heinrich den Löwen in den Mittelpunkt. 
      Aber nicht so, wie die Geschichtsschreibung ihn gerne darstellt. Er hat
      die Christianisierung mit allen Mitteln durchgedrückt und seine eigenen
      Interessen in den Vordergrund gerückt. 
      Die Reiterstatuen vor dem Schloss zeigen Herzöge der neueren Zeit. Die
      eine Statue: Herzog Karl-Wilhelm-Ferdinand. Der ist 1806 in der Schlacht
      von Jena und Auerstedt  verletzt worden und ist an den Verletzungen
      gestorben. Die Schlacht war bis dahin nicht entschieden, die Verletzung
      des Herzogs hat ggf. für Napoleon eine positive Wende bewirkt. Die andere
      Statue: Der schwarze Herzog Friedrich Wilhelm.  Auch ein Patriot
      gegen Napoleon.  Gefallen 1815 am Vorabend der
      Entscheidungsschlacht  in Waterloo.
 
      Der Bohlweg, über den
      Nachtwächter Rudolf die Exkursion nach dem Schloss zum
      Braunschweiger  Rathaus führte, kennzeichnet die Sümpfe, die es hier
      in früherer Zeit gab. Das Rathaus
      befindet sich am Platz der Deutschen
        Einheit. Der Bau wurde zwischen 1894 und 1900 nach Plänen des
      Stadtbaurates Ludwig Winter im Stil der Neogotik errichtet. Die
      Konstruktion des Turms hat er in Belgien abgesehen. Zunächst ist er
      bezüglich des Turms am Rathaus am Geld gescheitert, aber er konnte sich
      mit seinem Konzept durchsetzen. Als Dank hat er sein Büro im Turm über dem
      Amtszimmer des Bürgermeisters eingerichtet.

Ludwig Winter hat auch die Burg
        Dankwarderode wieder aufgebaut, eine sächsische  Burg. Sie
      war über Jahrhunderte Residenz der Braunschweiger Herzöge und ist heute
      Teil des Herzog Anton Ulrich-Museums. Ludwig Winter hat sich das Geld für
      den Bau der Burg bei den Preußen in Person Prinz Albrechts von Preußen
      besorgt. Der Preis: Parkettboden im Obergeschoss. Albrecht wollte tanzen.
      Der Plan Winters, die Burg nach dem Original Heinrichs des Löwen
      aufzubauen, war ein wenig eingebrochen.  Geschickt hat Winter die
      kleine Kirche St. Peter und Paul
      integriert, die Heinrich der Löwe vor dem Bau des Doms nach englischem
      Vorbild an der Burg Dankwarderode errichten ließ und die zu Zeiten
      Heinrichs des Löwen schon wieder abgerissen wurde.  Aus Platzmangel
      hat Winter nur einen Turm errichtet und den anderen Turm angedeutet. 
      1173 war Heinrich der Löwe bei den Staufen noch gut im Rennen. Nach einer
      Pilgerreise mit wenig Gefolge (1500 Mann!) kam er mit vielen Reliquien und
      der Idee zurück, eine größere Kirche zu bauen. Das wurde der heutige Dom, vor dem die Exkursionsgruppe
      jetzt stand.  Aber wie schon ausgedrückt  nur eine Kirche für
      ihn und  ggf. einige Adlige. Und sie sollte Grabeskirche für ihn
      sein. Das wurde sie auch, eine Grabplatte im Dom zeigt die Stelle, wo er
      1195 nach seiner zweiten Frau Mathilde von England  bestattet wurde.
      Bereits 1166 ließ Heinrich der Löwe das Löwendenkmal
      auf dem Burgplatz errichten. Es
      ist heute das älteste im Freien stehende Denkmal nördlich der Alpen.
      Entsprechend passt nicht eine der Legenden, wie Heinrich zum Beinamen „der
      Löwe“ kam, nach  der der Löwe ein dankbarer Löwe nach einer
      Pilgerreise war und die Kratzspuren am Domeingang nach dem Tode des
      Herzogs entstanden sind. Die anderen Geschichten erscheinen plausibler.
      Eine von den Gebrüdern Grimm, die andere von Thomas Ostwald.  Aber
      die hat Nachtwächter Rudolf (Thomas Ostwald)nicht erzählt. Er wird sie
      vorspielen. Auch 2018.  Zu Pfingsten mit einer Laienspielschaar von
      100 Leuten. Dieses Event kann man sich eigentlich nicht entgehen lassen.
Das letzte Event des Rundganges: Das Verlagshaus des bekannten Verlages Vieweg (heute beherbergt das Haus das Braunschweigisches Landesmuseum), das Huneborstelsche Haus und das von Veltheimsche Haus auf dem Burgplatz. Im Jahre 1524 ließ der Braunschweiger Friedrich Huneborstel in dem Weichbild Sack das Huneborstelsche Haus errichten. Das heutige Gildehaus ist ein reich verziertes Fachwerkhaus. Die Fassade besteht aus reich geschnitzten Figurenfriesen und Knaggen. Das Von Veltheimsche Haus ist ein Fachwerkhaus aus dem Jahre 1573. Ein Haus mit drei Wohngeschossen und seitlicher Durchfahrt, ohne Zwischengeschoss und Speicher. Das Haus zeigt eine Auslucht (ein Frauensitz mit Ausblick auf die Straße; natürlich nur für reiche Frauen). Die Obergeschosse sind vorkragend.

 Die verfügbare Zeit des Nachtwächters und die der
      Exkursionsgruppe sind abgelaufen. Der Nachtwächter muss die imaginären
      Stadttore schließen. Die Exkursionsgruppe ist in „Kuh-Acht“ zu einem
      Abendessen verabredet. 
      Thomas Ostwald verabschiedet sich mit einem Hinweis  auf weitere
      schöne und interessante Bereiche der Braunschweiger Altstadt  und mit
      einem Hinweis auf das bekannte Braunschweiger  Bier, die
      Braunschweiger Mumme.
Mit einem herzlichen Beifall wird er von der Exkursionsgruppe verabschiedet.
Die Exkursionsgruppe hatte für diesen Tag genug gesehen und gehört, jetzt war nur noch die Exkursion in das Restaurant "Kuh-Acht" wichtig.
    
 
      
      
    
      Eine kleine Gruppe der Exkursionsteilnehmer nutzte den Aufenthalt in
      Braunschweig zur Fortsetzung des Altstadtrundganges am 24. Juli 2017.
      Diesmal ohne Begleitung durch Herrn Ostwald.  Ausgangspunkt war der
      Turm des Rathauses.
    
Fotogalerie
          des Rundganges am 24. Juli 2017 mit detaillierten Bildtexten. 
        
Weblinks
      
      
        
        http://www.arbeitsausschuss-tourismus.de/mitglieder/thomas-ostwald
        
        Braunschweig
          im 18. Jahrhundert
        
        Der
          Nußberg bei Braunschweig
Der Dom St. Blasius in Braunschweig
Letzte Änderung: 18.08.2020