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Herzlich begrüßt wurde die Exkursionsgruppe des Fördervereins des Naturkundemuseums Dortmund - besonders natürlich Dr. Jan Ilger als ehemaliger Mitarbeiter des Naturhistorischen Museums Braunschweig - im Verwaltungsgebäude des Naturhistorischen Museums Braunschweig von Dr. Cathrin Hühne.
Dr. Catrin Hühne geleitete die Gruppe vom Verwaltungsgebäude zur
Sonderausstellung „Jurassic Harz“
des Naturhistorischen Museums in die Hamburger Straße. Alle
Exkursionsteilnehmer hatten sich für den ½ stündigen Fußmarsch
entschieden.
Der Förderverein war gut beraten, den Termin für die Exkursion so abzustimmen, dass die Sonderausstellung einen Tag vor deren Schließung noch besucht werden konnte. Denn die Ausstellung stellte sich als ein großartiges Ereignis dar. Es wird wohl nicht so einfach sein, die Vielzahl der Exponate mit den zu Grunde liegenden Transportvorgaben noch einmal in einer einzigen Ausstellung zu zeigen.
Dr. Cathrin Hühne führte die Exkursionsgruppe durch die Ausstellung.
Der Titel der Ausstellung
„Jurassic Harz, Dinosaurier von Oker bis Wyoming“
bezieht sich auf die in den beiden Regionen im Ober-Jura vor ca. 150
Millionen Jahren geborgenen Exponate. Im Unter-Jura und Trias waren
Amerika und Europa im Nordkontinent Laurasia noch vereinigt. Die
Ausstellung Jurassic Harz hat diese Zeit berücksichtigt durch das
Original-Skelett eines Plateosaurus, der bereits im
Trias-Erdzeitalter in unserer Region lebte und quasi der Urahn
der Sauropoden ist.
Die Ausstellung „Jurassic Harz“ bezieht sich aber im Wesentlichen auf ein
Fenster von einigen Millionen Jahren des Ober-Jura. In dieser Zeit
hatte sich auf Laurasia auch zwischen Europa und Amerika
bereits eine Flachmeermulde gebildet, aus dem diverse Inseln hervorgelugt
haben. Eine dieser Inseln war das Massiv, auf dem auch das Gebiet um
Goslar lag. Auf einem Breitengrad wie die Südspitze Floridas. Tiere
auf dieser Insel entwickelten sich auf der Lebensgrundlage weiter, die die
Insel zu bieten hatte. Verwandtschaft zu den Festlandstieren blieb
aber erhalten, das beweist die Ausstellung. 1998 wurden im
Steinbruch Langenberg im Goslarer Ortsteil Oker die fossilen Überreste
eines Sauropoden, eines Langhalsdinosauriers entdeckt. Benannt
Europasaurus holgeri nach seinem Entdecker Holger Lüdtke. Was heißt
fossile Überreste? Zunächst hat Holger Lüdtke einen Zahn gefunden.
Im Steinbruch Langenberg gab es auch andere Funde, z.B. von
Flugsauriern, Raubsauriern, Krokodilen, Schildkröten, Fischen, auch von
Pflanzen. Insbesondere nach 1998 wurden viele dieser Exponate gefunden,
nachdem der besondere Wert des Steinbruchs erkannt wurde. Ein Steinbruch
mit vielen Horizonten und Schichten, die natürlich nicht nur dem Ober-Jura
zuzuordnen sind.
Es gehört Mut und Fachwissen dazu, den gefundenen Zahn als einen
Sauropoden-Zahn zu bestimmen. Wissenschaftliche Freunde hat Holger Lüdtke
zunächst auch nicht viele gehabt, aber insbesondere im Dinosaurierpark
Münchehagen hat man ihn sehr unterstützt. Nach Untersuchung weiterer Funde
war man sich sicher, dass es der Zahn eines Sauropoden war. Zunächst wurde
wegen der geringen Größe auf ein Jungtier geschlossen, aber nach einer
Analyse der Knochen-Wachstumsringe im Steinmann Institut in Bonn war
die Sensation perfekt: es handelt sich um ein ausgewachsenes
Tier. Als Inselbewohner wurde Europasaurus im Laufe seiner
Entwicklung offensichtlich immer kleiner bzw. nicht größer, was ihm
scheinbar das Überleben auf der Insel gesichert hat. Ausgewachsen
erreichte er maximal 9 Meter Gesamtlänge, was für einen Sauropoden etwas
wenig ist. Hier schließt sich die Kette zum Titel der
Ausstellung: Merkmale wie Hals nach oben, leichte , aber
dadurch auch fragile Schädelknochen, große Nasenöffnungen, Becken,
Luftkammern und ein Luftleitungssystem zur Stützung des
Bewegungsablaufes, Entlastung der Knochen und zur Kühlung des
Körpers (wie bei Vögeln noch heute), etc. zeigen eindeutig Verwandtschaft
zu den Funden in der Morrison Formation in Wyoming in Nordamerika.
Beispielsweise zum doppelt so großen Camarasaurus, aber auch zum
noch größeren Brachiosaurus. Pflanzenfresser wie der
Europasaurus.
Erst durch die präzisen Arbeiten der Grabungsteams und der
wissenschaftlichen Auswertungen der Funde war es möglich, die
Ausstellung „Jurassic Harz“ zu präsentieren. Viele private Sammler
und andere Museen wie das Aathal-Museum in der Schweiz haben zu ihrem
Gelingen beigetragen. Beeindruckende Skelette und Skelettteile in
großer Zahl wurden ausgestellt. Abgerundet wurde das Programm durch eine
Schaupräparation und durch einen Raum mit Filmprojektion.
Einen Schwerpunkt bildete natürlich der Europasaurus. Ausgestellt waren das komplett rekonstruierte Skelett eines ausgewachsenen Tieres und eines Jungtieres davor. Knochenteile in Vitrinen davor belegten die Korrektheit des Modells. Im Hintergrund ein Bild des Europasaurus, so ist er wahrscheinlich durch die Jura-Wälder gezogen. Neben dem Modell des kleinen Europasaurus ein Modell des jungen Brachiosaurus „Toni“ aus Wyoming. In der Ausstellung war er noch einmal zu sehen, liegend im Original.
Ein auffallendes Merkmal: das Becken. Wie alle
pflanzenfressenden Sauropoden hatte auch der Europasaurier ein
Echsenbecken (Saurischia). Auch die fleisch- oder aasfressenden
Theropoden (wie in der Ausstellung der Allosaurus) hatten ein
Echsenbecken. Im Gegensatz dazu hatten die Ornithopoden (wie in der
Ausstellung der Stegosaurus) ein Vogelbecken (Ornitschia).
Die Körperform der Saurier ist auf viel selbstragende Knochen-Elemente und auf ökonomischen Bewegungsablauf ausgerichtet. Überhaupt waren sie ökonomisch sehr effizient. Der im Verhältnis zum großen Körper relativ kleine Kopf ist nicht gleichbedeutend mit kleiner Gehirnmasse nach heutigem Maßstab, da die Schädelknochen nicht zusammenwuchsen, entsprechend gab es keine Großhirnrinde. Das ist auch der Grund, warum so wenig komplette Schädel gefunden werden. Sie sind relativ schnell in ihre Einzelteile zerfallen. Man hat aber Gehirnmasse simuliert. Demnach hatten die fleischfressenden Saurier eine etwas größere Hirnmasse. Sie haben das Massensterben am Ende der Kreidezeit als einzige Dinosauriergruppe in Form der den Theropoden zugeordneten Vögel überlebt.
Fleischfressende Theropoden waren in der Ausstellung natürlich auch vertreten. Beispielsweise aus der Morrison-Formation der Top Räuber Big Al II, der König des Jura. Das vollständige Skelett eines Allosaurus. Ein gigantischer Räuber. Zähne und Knochen von Allosaurus wurden auch im Steinbruch Langenberg gefunden. Wahrscheinlich nutzten diese Räuber den sinkenden Meeresspiegel und wanderten ein. Der Europasaurus war damit vernichtet, bevor das Massensterben der Dinosaurier einsetzte.
Zähne eines anderen Raubsauriers, eines Torvosaurus,
wurden während der Ausgrabungen des riesigen Sauropoden Diplodocus
arapahoe in Wyoming gefunden. Das Original-Skelett des Diplodocus
und die Zähne des Torvosaurus waren in der Ausstellung zu finden.
Das 27 m lange Skelett in die Ausstellung zu integrieren, war
absolute Maßarbeit.
Die Nahrung der Sauropoden entsprach dem, was es gab. Blütenpflanzen und
Gräser gab es noch nicht, dafür Farne, Koniferen, Schachtelhalme und
andere Urweltliche Pflanzen (siehe auch Vortrag von Dr. Sylvia Rückheim
„Die Evolution der Pflanzen“). Pflanzenfossilien aus der Morrison
Formation waren Bestandteil der Ausstellung. Wie auch Exponate von
versteinerten Bäumen.
Die Skelette von Europasaurus, Diplodocus und Allosaurus
waren die Stars der Ausstellung, auch wenn die vielen anderen
detailreichen Exponate in den Vitrinen und an den Wandtafeln
wissenschaftlich nicht minder wertvoll waren.
Zwei Stars sind aber noch zu nennen. Zum einen das Skelett der „Wehrhaften
Sarah“. Eines Stegosauriers,
geborgen in Wyoming. Der Stegosaurier gilt als besonders wehrhaft,
was er sicherlich auch war. Aber ausschließlich bedingt durch die
Stacheln am Schwanz. Die auffallend großen Rücken-Platten dienten
voraussichtlich als Wärmetauscher und als Signalquelle durch
Pigmentwechsel. Der Zahn eines Stegosauriers wurde auch im
Steinbruch Langenberg geborgen.
Der letzte Star: ein winziges Exponat. Das auf der Grundlage
eines gefundenen Zahnes rekonstruierte Land-Säugetier Teutonodon
langenbergensis. Einer Maus gleichend. Die Entwicklung der
Säugetiere nach dem Massensterben der Dinosaurier hat hier bereits ihren
Anfang genommen.
Ein heimlicher letzter Star: Die Schaupräparation. Hier war die Exkursionsgruppe leider ein wenig unter Zeitdruck, so dass diese Ausstellung der realen Präparation nicht ganz die Beachtung finden konnte, die sie eigentlich wert war.
Frau Dr. Cathrin Hühne gilt ein
herzlicher Dank für die erfrischende und lehrreiche Art der
Präsentation der Ausstellung. Der Förderverein wünscht ihr und
ihrem Team viel Glück und Freude bei der bevorstehenden schweren Arbeit,
die Exponate wieder an ihren Originalstammplatz zu bringen.
Weblinks
Ein Film über die Ausstellung von Ralf Kosma
Letzte Änderung: 29.05.2020